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Information über Entscheidung in Berufungsverfahren in Paris, Frankreich, im Zusammenhang mit Brustimplantaten von PIP

TÜV Rheinland Presse | 20.05.2021

Das Berufungsgericht Paris, Frankreich, hat heute in einem Verfahren gegen die Benannte Stelle TÜV Rheinland LGA Products GmbH („TRLP“) und die französische Gesellschaft TÜV Rheinland France („TRF“) im Zusammenhang mit Silikongel-Brustimplantaten des französischen Unternehmens Poly Implant Prothèse („PIP“) sein Urteil verkündet. Geklagt hatten mehrere Frauen, die angeben Silikongel-Brustimplantate von PIP erhalten zu haben, sowie ehemalige Vertriebshändler von PIP.

Das Berufungsgericht Paris hatte über die von TRLP und TRF in dieser Sache eingelegten Berufungen zu entscheiden, nachdem der französische Kassationshof am 10. Oktober 2018 die Klagen an das Berufungsgericht Paris verwiesen hatte.

Das Berufungsgericht Paris entschied, dass die Benannte Stelle TRLP und die Gesellschaft TRF gegenüber zahlreichen Frauen nicht haften, insbesondere gegenüber all denjenigen die vor September 2006 implantiert wurden, und wies deren Klagen ab.

Außerdem wies das Berufungsgericht die Klagen von zahlreichen Frauen ab, die nicht nachgewiesen hatten, Silikongel-Brustimplantate von PIP erhalten zu haben, die Gegenstand des Betrugs von PIP waren und von den durch TRLP ausgestellten Zertifikaten erfasst sind.

Jedoch schloss das Berufungsgericht eine Haftung der Benannten Stelle TRLP und der französischen Gesellschaft TRF gegenüber weiteren Klägerinnen nicht völlig aus. Dem Berufungsgericht zufolge hätten gewisse Anhaltspunkte vorgelegen, weshalb TRLP ab September 2006 weitere Maßnahmen hätte ergreifen müssen.

„TÜV Rheinland nimmt die Abweisung eines großen Teils der Klagen durch das Berufungsgericht Paris zur Kenntnis, widerspricht dessen Entscheidung aber insoweit, als sie eine wenn auch nur teilweise Haftung der Benannten Stelle bejaht. Diese Entscheidung steht insbesondere im Widerspruch zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom Februar 2017 und der Entscheidung des Berufungsgerichts Versailles vom Januar 2021“, sagte Maître Christelle Coslin, Anwältin von TÜV Rheinland in diesem Verfahren. „Die Tatsachen im Fall PIP zeigen eindeutig, dass TÜV Rheinland LGA Products GmbH ihre Aufgaben als Benannte Stelle stets verantwortungsvoll und im Einklang mit allen geltenden Vorschriften wahrgenommen hat. Aufgabe einer Benannten Stelle nach diesen Vorschriften ist es nicht, einen Betrug aufzudecken. Die Benannte Stelle bekräftigt außerdem, dass ihr zu keinem Zeitpunkt im Rahmen ihrer Tätigkeit für PIP Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Brustimplantate von PIP möglicherweise nicht konform waren.“

Entsprechend hat das Berufungsgericht Versailles mit Urteil vom 14. Januar 2021 in einem vergleichbaren Verfahren zu Gunsten von TÜV Rheinland entschieden, dass TRLP „bei der Wahrnehmung ihrer Zertifizierungsaufgaben ihre Sorgfalts- und Kontrollpflichten nicht verletzt hat“. Das Berufungsgericht Versailles stellte fest, dass der Benannten Stelle TRLP zu keinem Zeitpunkt Anhaltspunkte vorlagen, dass die Brustimplantate von PIP möglicherweise nicht konform waren und dass „die TRLP angemessen auf die ihr vorliegenden Informationen reagiert hat“. Das Berufungsgericht Versailles fügte hinzu, „es könne der TRLP nicht vorgeworfen werden, keine weitergehenden Maßnahmen ergriffen zu haben“, wie unangekündigte Besichtigungen.

Auf europäischer Ebene entschied der Gerichtshof der Europäischen Union im Februar 2017, dass Benannte Stellen, wie TRLP, nicht generell verpflichtet sind unangemeldete Besichtigungen durchzuführen oder die Medizinprodukte bzw. die Geschäftsunterlagen des Herstellers zu prüfen. Im Rahmen des Strafverfahrens erkannte das Strafgericht von Marseille im Jahr 2013, das Berufungsgericht Aix-en-Provence im Jahr 2016 und endgültig der Kassationshof im Jahr 2018 TRLP als Opfer des Betruges von PIP und seinen Managern an.

Hintergrund: PIP hat vorsätzlich Silikongel-Brustimplantate unter – zumindest zeitweiser – Verwendung einer nicht-deklarierten Silikonfüllung hergestellt. Mittels eines groß angelegten und komplexen Betruges hat PIP alle beteiligten Kreise getäuscht – an erster Stelle die Patientinnen, aber auch die Gesundheitsbehörden und TRLP. PIP hat TRLP getäuscht und stets vorgegeben, ausschließlich das gegenüber TRLP deklarierte Silikon als Rohmaterial verwendet zu haben. PIP hat den Prüfern der TRLP umfangreiche Unterlagen (z.B. das Design Dossier, Chargendokumentation, Produktionsanweisungen) über die angebliche Verwendung des deklarierten Silikons zur Verfügung gestellt. Sämtliche Hinweise auf die Verwendung abweichender Rohmaterialien hat PIP systematisch verschleiert. Nach Bekanntwerden des Betruges von PIP Ende März 2010 hat TRLP die Zertifikate für PIP ausgesetzt.

TRLP hat größtes Verständnis für die Sorge von Patientinnen mit PIP-Implantaten und teilt das Interesse der Frauen an einer umfassenden Aufklärung der kriminellen Handlungen von PIP. Deshalb hatte TRLP auch Strafanzeige gegen PIP und die dort handelnden Personen gestellt. Das hat zur endgültigen Verurteilung der PIP und ihrer Manager wegen des Betrugs an TRLP geführt.

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